Neue Erwach­se­nen-Impf­stra­te­gien not­wen­dig

Wei­te­re Impf­stof­fe für den Erwach­se­nen­be­reich in den nächs­ten Jah­ren zu erwar­ten

Wien, 21. Dezem­ber 2022. Die COVID-19-Pan­de­mie hat uns dras­tisch vor Augen geführt, wie wich­tig Imp­fun­gen nicht nur für Kin­der, son­dern auch für Erwach­se­ne sind. Den­noch fokus­sie­ren die Impf­pro­gram­me der meis­ten Län­der Euro­pas – inklu­si­ve Öster­reich – zu einem gro­ßen Teil auf Kin­der­imp­fun­gen. Gera­de vor dem Hin­ter­grund einer immer älter wer­den­den Bevöl­ke­rung und den zuneh­men­den Anti­bio­ti­ka-Resis­ten­zen soll­te daher über Erwei­te­run­gen der Impf­kon­zep­te nach­ge­dacht wer­den. Des­halb setzt sich der Öster­rei­chi­sche Ver­band der Impf­stoff­her­stel­ler (ÖVIH) gemein­sam mit dem euro­päi­schen Dach­ver­band Vac­ci­nes Euro­pe für eine Aus­wei­tung der der­zeit bestehen­den natio­na­len Impf­stra­te­gien ein und stellt dazu ein eige­nes Stra­te­gie­pa­pier vor. Das The­ma Erwach­se­nen­imp­fun­gen wird in den nächs­ten Jah­ren sogar noch mehr in den Fokus rücken, denn die phar­ma­zeu­ti­schen Unter­neh­men for­schen und ent­wi­ckeln vie­le neue Impf­stof­fe, von denen die meis­ten für Erwach­se­ne bestimmt sind. Vie­le davon sol­len zukünf­tig auch gegen Krank­hei­ten schüt­zen, gegen die es bis­her kei­ne Impf­stof­fe gab. In vie­len Fäl­len ist die For­schung und Ent­wick­lung bereits sehr weit fort­ge­schrit­ten. Wenn die Ent­wick­lung in die­sem Tem­po wei­ter­geht, wer­den die­se Impf­stof­fe in abseh­ba­rer Zeit zur Ver­fü­gung ste­hen.

Wie man an der COVID-19-Pan­de­mie gese­hen hat, kön­nen Infek­ti­ons­krank­hei­ten desas­trö­se Aus­wir­kun­gen auf Gesund­heit, Lebens­qua­li­tät und Mor­ta­li­tät von Erwach­se­nen haben, sowie die Funk­ti­ons­fä­hig­keit von Gesund­heits­sys­te­men und der Wirt­schaft nega­tiv beein­flus­sen. „Genau des­halb sind neben Kin­der­impf­kon­zep­ten auch Erwach­se­nen­impf­pro­gram­me so wich­tig“, erläu­tert Mag.a Renée Gal­lo-Dani­el, Prä­si­den­tin des ÖVIH. „In Öster­reich haben wir ein her­vor­ra­gen­des Kin­der­impf­pro­gramm, aber es fehlt ein Kon­zept für die Erwach­se­nen­imp­fun­gen, die im Natio­na­len Impf­plan emp­foh­len sind. Hier gibt es drin­gen­den Hand­lungs­be­darf.“

Altern­de Bevöl­ke­rung

Grün­de, war­um Erwach­se­nen­imp­fun­gen auch abseits der COVID-19-Pan­de­mie so wich­tig sind, gibt es meh­re­re. Einer ist die altern­de Bevöl­ke­rung. Bis zum Jahr 2025 wird die Grup­pe der über 50-Jäh­ri­gen einen Anteil von 50 % an der Bevöl­ke­rung der Euro­päi­schen Uni­on errei­chen. Das ist genau jene Grup­pe, in der sich die Leis­tung des Immun­sys­tems zu ver­schlech­tern beginnt und damit anfäl­li­ger für Infek­ti­ons­krank­hei­ten macht. Mit zuneh­men­dem Alter erhöht sich auch die Prä­va­lenz von chro­ni­schen Krank­hei­ten, was zu einem höhe­ren Risi­ko für Kom­pli­ka­tio­nen und durch Imp­fung ver­meid­ba­ren Erkran­kun­gen mit wei­ter­ge­hen­den Fol­gen für Lebens­qua­li­tät und Selb­stän­dig­keit der Betrof­fe­nen führt.

Hohe (ver­meid­ba­re) Kos­ten durch Infek­tio­nen

Zusätz­lich ver­ur­sa­chen Infek­ti­ons­krank­hei­ten hohe volks­wirt­schaft­li­che Kos­ten. Berech­nun­gen zufol­ge ver­ur­sacht eine Erkran­kung mit Her­pes Zos­ter, gegen den es eigent­lich einen wirk­sa­men Impf­stoff gibt, allei­ne in Deutsch­land medi­zi­ni­sche Kos­ten von 105 Mil­lio­nen Euro pro Jahr. Auch die jähr­li­che wie­der­keh­ren­de Influ­en­za ver­ur­sacht hohe Kos­ten. Mit der sai­so­na­len Influ­en­za-Imp­fung könn­ten in Euro­pa zwi­schen 248 Mil­lio­nen und 332 Mil­lio­nen Euro an Gesund­heits­be­treu­ungs­kos­ten durch die Ver­mei­dung von Arzt­be­su­chen und sta­tio­nä­ren Auf­nah­men ein­ge­spart wer­den. Berech­nun­gen aus Öster­reich haben gezeigt, dass ein in eine Influ­en­za-Imp­fung inves­tier­ter Euro die Gesell­schaft mit 27,23 Euro ent­las­tet und dem Gesund­heits­we­sen 2,81 Euro spart. Auch Pneu­mo­kok­ken- und HPV-Imp­fun­gen redu­zie­ren gesamt­wirt­schaft­lich mehr Kos­ten als sie ver­ur­sa­chen. „Imp­fun­gen über die gesam­te Lebens­dau­er kön­nen also die pri­mä­re medi­zi­ni­sche Grund­ver­sor­gung unter­stüt­zen, die Gesund­heits­bud­gets ent­las­ten sowie die Lebens­qua­li­tät stei­gern“, betont ÖVIH-Vize­prä­si­den­tin Mag.a Sig­rid Has­lin­ger.

Pro­blem Anti­bio­ti­ka­re­sis­ten­zen

Pro Jahr ver­ster­ben welt­weit etwa 700.000 Men­schen auf­grund einer Anti­bio­ti­ka­re­sis­tenz gegen Bak­te­ri­en und ande­re Patho­ge­ne. Ohne ent­spre­chen­de Maß­nah­men könn­te die­se Zahl bis zum Jahr 2050 auf bis zu 10 Mil­lio­nen Men­schen pro Jahr stei­gen. „Impf­stof­fe kön­nen hier auf drei­fa­che Wei­se hel­fen“, erläu­tert Dr. Chris­toph Jandl, Gene­ral­se­kre­tär des ÖVIH. „Sie kön­nen das Auf­tre­ten von Infek­tio­nen ver­hin­dern oder dafür sor­gen, dass es zu weni­ger miss­bräuch­li­chen Anwen­dun­gen von anti­mi­kro­biel­len The­ra­pien bei Virus­in­fek­tio­nen kommt. Außer­dem kön­nen sie dafür sor­gen, dass Bak­te­ri­en, die bereits gegen aktu­el­le The­ra­pien resis­tent sind, nicht wei­ter über­tra­gen wer­den.“

All die­se Grün­de zei­gen, wie wich­tig Erwach­se­nen­impf­pro­gram­me wären. „Den­noch gibt es für Öster­reich bis heu­te lei­der noch kei­ne breit ange­leg­ten und finan­zier­ten Impf­pro­gram­me für Erwach­se­ne“, bedau­ert ÖVIH-Prä­si­den­tin Gal­lo-Dani­el.

Vie­le neue Impf­stof­fe in Ent­wick­lung

Dabei wird das The­ma zukünf­tig noch wich­ti­ger. Eine Eva­lu­ie­rung von Vac­ci­nes Euro­pe gibt erst­mals einen Über­blick über die Impf­stoff­kan­di­da­ten in der Pipe­line. Der­zeit sind 100 Impf­stof­fe in For­schung und Ent­wick­lung, von denen 81 für Erwach­se­ne vor­ge­se­hen sind. 27 davon sind poten­zi­el­le neue COVID-19-Impf­stof­fe, außer­dem gibt es zehn Impf­stoff­kan­di­da­ten gegen das RS-Virus und neun Kan­di­da­ten, die die sai­so­na­le Influ­en­za im Fokus haben. „Von gro­ßer Bedeu­tung ist aber auch, dass 46 Pro­zent der in Ent­wick­lung befind­li­chen Vak­zi­ne Krank­hei­ten bekämp­fen sol­len, gegen die es der­zeit noch kei­nen Impf­stoff gibt“, berich­tet die ÖVIH-Prä­si­den­tin. Dazu gehö­ren zum Bei­spiel Impf­stof­fe gegen die durch Zecken über­tra­ge­nen Bor­re­li­en oder das Epstein-Barr-Virus, das ja im Zusam­men­hang mit Mul­ti­pler Skle­ro­se ste­hen soll. 11 Impf­stoff­kan­di­da­ten zie­len auf Bak­te­ri­en ab, die bereits resis­tent gegen Anti­bio­ti­ka sind, acht Impf­stof­fe wer­den als the­ra­peu­ti­sche Impf­stof­fe getes­tet. Wich­ti­ges Detail: „Über 80 Pro­zent der Impf­stof­fe in den Pipe­lines der Her­stel­ler wer­den an Erwach­se­nen und sogar an älte­ren Erwach­se­nen getes­tet“, infor­miert Vize­prä­si­den­tin Has­lin­ger. „Auch das unter­streicht die Bedeu­tung der Erwach­se­nen­imp­fun­gen.“

Wei­te­re Infor­ma­tio­nen zum Pipe­line-Review fin­den sie unter fol­gen­dem Link

Wel­che Vor­schlä­ge ÖVIH und Vac­ci­nes Euro­pe genau zum The­ma Erwach­se­nen­imp­fung haben und wie es mit dem Ver­trau­en in Imp­fun­gen aus­sieht, ist The­ma der Pres­se­aus­sendung „Gerin­ges Ver­trau­en der Österreicher:innen in Imp­fun­gen“ sowie des Stra­te­gie­pa­piers „Prio­ri­sie­rung der Impf­stra­te­gien bei Erwach­se­nen in Euro­pa“.

Refe­ren­zen:

https://health.ec.europa.eu/system/files/2022–11/2022_confidence_factsheet_austria_en.pdf, zuletzt abge­ru­fen am 19.12.2022

Fai­v­re P et al (2021). Immu­niza­ti­on fun­ding across 28 Euro­pean count­ries, Expert Rev Vac­ci­nes. https://www.tandfonline.com/doi/full/10.1080/14760584.2021.1905257

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